Die Macht der Worte (Pascal Mercier)
Am Mittwoch, 7. Okt 2009 im Topic 'Literaturkostproben'
Und plötzlich, mit einem Erschrecken, das ich sogar im Leib spürte, wurde mir klar: So ist es immer. Einem anderen etwas sagen: Wie kann man erwarten, dass es etwas bewirkt? Der Strom der Gedanken, Bilder und Gefühle, der jederzeit durch uns hindurchfließt, er hat eine solche Wucht, dieser reißende Strom, dass es ein Wunder wäre, wenn er nicht alle Worte, die jemand anderes zu uns sagt, einfach wegschwemmte und dem Vergessen übereignete, wenn sie nicht zufällig, ganz und gar zufällig, zu den eigenen Worten passen. Geht es mir anders? dachte ich. Habe ich je einem anderen wirklich zugehört, ihn mit seinen Worten in mich hineingelassen, so dass mein innerer Strom umgeleitet worden wäre?
(Auszug aus dem Buch "Nachtzug nach Lissabon" von Pascal Mercier)
sonneuschnee, 2008-05-26 20:12
Und plötzlich, mit einem Erschrecken, das ich sogar im Leib spürte, wurde mir klar: So ist es immer. Es ist fast unmöglich Menschen wirklich zu erreichen.
Der Strom der Gedanken, Bilder und Gefühle, der jederzeit durch uns hindurchfließt, er hat eine solche Wucht, dieser reißende Strom, dass es ein Wunder wäre, wenn er nicht alle Worte, die jemand anderes zu uns sagt, einfach wegschwemmte.
Doch es gibt solche Wunder - zum Glück nur selten. So behalten sie ihren Wert, weil sie etwas besonderes sind.
Und ehrlich, könntest du es ertragen, wenn das Gegenteil der Fall wäre?
Ana Loba, 2008-05-28 10:32
Ich denke einfach, dass die Momente, in denen ich andere Menschen wirklich erreichen kann oder ich erreichbar bin sehr kurz sind, als wenn das Leben einem kurz zuzwinkern würde. Und schon ist der Augenblick des Einsseins wieder vorbei. Aber du hast Recht, es gibt keine lebenslange innere Verbundenheit mit anderen Menschen. Diese Vorstellung macht mir fast Angst. Sie beraubt dich der Individualität, der Spontanität und stürzt dich in Abhängigkeit. Natürlich suchen wir immer das Perfekte, die Geborgenheit, das Ziel und geraten in Versuchung, im anderen zum ich werden zu wollen. Doch das funktioniert nicht. Im Streben nach der ewig dauernden inneren Verbundenheit mit einem anderen vergessen wir oft, wer wir selber sind, ist ja auch ganz praktisch, da wir die Verantwortung für uns und unsere Lebensaufgaben einem anderen aufbürden können. Jene Augenblicke, in denen du den anderen spürst, ganz bei ihm bist, das Gefühl hast, in seine Seele schauen zu können, du die Zeit rund um dich herum vergisst, diese Momente gehören zu den kostbarsten im Leben und es bereitet uns Schmerzen wenn wir erkennen müssen, dass dieser Augenblick im Begriff ist, der Vergangenheit anzugehören und die Einsamkeit wieder Besitz von uns ergreift. Alles Schöne wollen wir konservieren auf der Suche nach dem ewigen Glück. Es wäre aber eine Illusion zu glauben, dass es in diesem Leben erreichbar wäre. Worauf ich aber schon Einfluss habe ist, die Gelegenheiten, die sich für solch schöne Kontakte ergeben, wahrzunehmen, offen zu sein für intensive Begegnungen. Ich erlebe dies immer öfter und manchmal auch, ohne die Sprache dafür nützen zu müssen. Das sind dann die schönsten Kontakte. Doch nun genug des Philosophierens. Dass du eine Mann bist, hab ich mir nicht gedacht, ich war ziemlich überrascht, da ich ja immer das Gefühl hatte, mit einer Frau zu kommunizieren, das passt einfach nicht in mein momentanes Männerbild. Dazu werd ich jedoch später etwas schreiben. Ich hab ohnehin so ein paar Gedanken im Kopf (über Männer) die ich demnächst einmal niederschreiben möchte. Doch der richtige Augenblick war noch nicht da. Du hast mir mal geschrieben, dass du einige Bücher meiner Literaturliste kennst - welche dies sind würde mich ziemlich interessieren. Ich hab übrigens ein neues Lieblingsbuch, das ich gerade lese, nämlich "Nachtzug nach Lissabon" (na net nana - ist österreichisch). Mercier streitet sich gerade mit Yalom um den ersten Rang.
Übrigens, die Augenblicke, in denen ich mein Blog öffne und sehe, dass du mir geschrieben hast, gehören auch zu den Momenten, von denen ich vorhin gesprochen habe.
sonneuschnee, 2008-06-03 20:34
„Das Leben einem zuzwinkert“… so schön. Ich denke auch, es sind kurze kostbare Momente und weil sie so zauberhaft schön sind, möchte ich sie immer wieder erleben, bin süchtig danach. Diese Sehnsucht spüre ich auch bei dir.
Es braucht Einiges, bis alles so zusammenpasst, dass so Momente entstehen können. Zuerst wohl das grenzenlose (hiess nicht dein Blog anfangs grenzenlos?) gegenseitige Vertrauen und Wohlwollen, das vollständige Offensein, aber auch die innere Ruhe und Bereitschaft beider, gewissermassen der richtige Zeitpunkt, die Macht des Augenblicks, währenddem ich mir wünsche, dass die Zeit stillsteht – für immer. Steuern kann man so etwas nicht – aber du hast recht, man kann sensibilisiert sein darauf, dass man die Gelegenheiten nicht verpasst. Ich bin sicher, ich habe schon manche verpasst, nur weil ich nicht bereit war. Naja, ist nicht schlimm, es ist ja nicht eine Sache der Menge, hat nichts mit Sammeln zu tun.
Sei froh, dass du es nicht für die Ewigkeit konservieren kannst. So musst du wach sein, musst du dich bemühen darum, das macht es wertvoll. Es ist fast wie mit der Aussicht auf einem Berg. Die ist auch schöner, wenn du aus eigenen Kräften hochgestiegen bist. (Nein falsch geraten, ich bin kein Pfarrer).
Die Angst, die du beschreibst verstehe ich. Ich denke, wenn Kinder in Geborgenheit aufwachsen und eine Art Urvertrauen entwickeln können, können sie als Erwachsene besser mit solchen Ängsten umgehen und haben vermutlich auch weniger Angst, vom geliebten Menschen verlassen zu werden. Und wenn es trotzdem passiert, überwinden sie den Schmerz leichter. Und das Leben geht weiter…
Mir kommt wieder einmal mein Lieblingsgedicht in den Sinn, weil es zum Thema passt.
Schläft ein Lied in allen Dingen,
die da träumen fort und fort.
Und die Welt hebt an zu singen,
triffst du nur das Zauberwort.
Wenn zwei Menschen einen besagten Augenblick erleben, haben sie das Zauberwort getroffen. Könnte es sein, dass Frauen Zauberwörter leichter finden?
Auf gewisse Art hat es mich gefreut, dass du angenommen hast, ich sei eine Frau. Ich finde so richtig gute Frauenfreundschaften wunderbar, ja bin manchmal richtig eifersüchtig, weil ich mir genau diese Art Nähe auch Wünsche. Dabei ist mir völlig klar, dass kein Mensch einem anderen alles zu geben vermag, was man braucht. Oder anders gesagt, Menschen sind so vielseitig und brauchen so viele verschieden Arten von Zuwendung und Beziehungen.
Und noch zum Männerbild: Lass es nicht zu, dass sich nur eines bildet, sondern lasse von jedem Mann ein eigenes entstehen. Dann kannst du die negativen vergessen und dich an die positiven halten. Ich jedenfalls möchte nicht in ein Männerbild gepresst werden. Ein Bild wird dem Individuum nicht gerecht. Ich bin gespannt, was du weiter zu diesem Thema schreiben wirst.
Zu meiner Leserei: Folgende Bücher, die du gelesen hast, habe ich auch gelesen:
Die vier Titel von Coelho, Ein perfekter Freund, Das Parfüm – also gar nicht so viele Übereinstimmungen, wie ich spontan gemeint habe.
Ich mag ausserdem:
- historische Romane von: Eveline Hasler, Arnulf Zittelmann, Thomas Jeier, Ken Follet …
- philosophische und andere Romane von: Jostein Gaarder, Hermann Hesse, Paul Watzlawick, Lukas Hartmann, …
Was ich kürzlich gelesen habe und mich beeindruckt hat:
Shirin Ebadi Mein Iran
Hosseini, Khaled Drachenläufer
Alafenisch, Salim Die acht Frauen meines Grossvaters
Doulatabadi, Mahmud Kelidar
Du siehst hier den Einfluss meiner Freundin. Sie hat mich ein bisschen in den Orient entführt.
Übrigens, ich freue mich auch, wenn ich sehe, dass du geschrieben hast. Ich finde es erstaunlich, wie schnell man blogschreibend vertraut wird miteinander. Ich fühle mich aber nicht so richtig wohl dabei, auch weil es öffentlich ist. Ausserdem, wie viel interpretiere ich und wünsche es mir in die Worte hinein? Wie weit lese ich, was ich möchte und nicht genau was du schreibst? Eigentlich das ursprüngliche Thema, oder? Ich möchte dich einiges Fragen und auch viel erzählen. Aber lieber mache ich das am Ufer eines Flusses als am Ufer der Tastatur.
Ana Loba, 2008-06-08 23:48
Am Ufer eines Flusses - das klingt nach Coelho -bist du nicht vielleicht doch ein Mensch mit geistlicher Vergangenheit? Ich muss mal überlegen, an welchem Fluss ich dir einen Platz zum Plaudern anbieten kann. Ich hab kein Problem mit der Öffentlichkeit, ganz im Gegenteil. Ich finde ja, dass viel mehr Menschen Zugang zu so elementaren Gedanken haben sollten, siehe auch mein Beitrag zum Thema "Werde der du bist" auf der ersten Seite. Doch das erfordert halt Mut. Es ist anstrengend, sich selbst immer wieder hinsichtlich wichtiger Lebensgrundsätze zu hinterfragen und all den inneren Müll, mit dem man sich befüllt um sich vom Wesentlichen abzulenken, zu entsorgen. Vielleicht hätten dann aber viele Menschen weniger Altersdepressionen, wenn sie schon früher damit begonnen hätten. Die Themen, die ich nur mit bestimmten Menschen besprechen will, findest du nicht in meinem Blog, dazu bräuchten wir einen Platz am Ufer eines Flusses.
Vielen Dank für deine Literatur, ich lese Bücher fast nur über Empfehlungen von anderen Lesern - bis jetzt ist mir auf diese Art der Stoff noch nicht ausgegangen. Orientalische Literatur passt zur Zeit sehr gut in mein Leben, da ich seit einiger Zeit mich mit Bauchtanz beschäftige und mühevoll versuche, die Bewegungen möglichst harmonisch und ästhetisch auszuführen. Orientalische Musik mag ich weniger, doch die Art des Tanzes lässt sich auch in unserer Kultur integrieren. Ist deine Freundin Orientalin oder nur am Orient interessiert oder ist das ein Thema für den Fluss? Auf alle Fälle werde ich mir deine Literaturempfehlungen notieren.
Bei mir hat Mercier das Rennen gemacht. Nachtzug nach Lissabon ist das absolut beste Buch, das ich gelesen habe. Ich vermute, dass es auch nach deinem Geschmack wäre. Auszüge davon hab ich ja in meinem Blog notiert.
Ich möchte mich bei dir für die wundervollen Kommentare bedanken. Diese Art von Gespräch brauche ich so dringend, um nicht in der Bedeutungslosigkeit des Lebens versinken zu müssen und es ist so schön, wieder jemandem begegnet zu sein, der diese meine Leidenschaft teilt.
Worin ich dir allerdings widersprechen möchte ist, dass ich für die Augenblicke in denen ich eins bin mit anderen Menschen nicht grenzenloses Vertauen und innere Ruhe brauche. Ganz im Gegenteil, die ganz kurzen Begegnungen, das Glitzern in den Augen des anderen, das Spüren seiner oder ihrer Seele sind spontanes Empfinden. Es begegnet dir überall, in der Straßenbahn, auf dem Weg zur Arbeit, beim Sport oder des nachtens in einer Bar. Ich hatte vor kurzem ein tolles Erlebnis: Ich war auf der Suche nach einem Buch über Aktzeichnen und habe dabei einen Maler kennengelernt, ganz zufällig - oder doch nicht? - sind wir ins Gespräch gekommen. Eine Stunde lang haben wir Zeit und Ort rund um uns herum vergessen. Ich hätte schon längst nach Hause müssen, die Kinder haben gewartet, es war nicht mehr von Bedeutung, bis ein Anruf uns wieder in diese Welt zurückbefördert hat. Ich konnte ihn nicht nach seiner Telefonnummer fragen, es hätte alles zerstört.
Es passiert mir so oft, dass genau diejenigen Menschen in mein Leben treten, die ich brauche. Oftmals erkenne ich im Augenblick selbst nicht den Grund für die Begegnung, doch rückblickend betrachtet weiß ich dann ganz genau, worin unsere Aufgaben füreinander bestanden haben. Doch das ist vielleicht eins meiner Themen für den Platz am Ufer eines Flusses.
Zum Thema Männerbild und Frauenfreundschaften kann ich heute leider nichts mehr schreiben, dazu brauche ich etwas mehr ungestörte Zeit. Außerdem muss ich noch darüber nachdenken, welches mein Zauberwort ist. Verrätst du mir mal deines? So long.
(Auszug aus dem Buch "Nachtzug nach Lissabon" von Pascal Mercier)
sonneuschnee, 2008-05-26 20:12
Und plötzlich, mit einem Erschrecken, das ich sogar im Leib spürte, wurde mir klar: So ist es immer. Es ist fast unmöglich Menschen wirklich zu erreichen.
Der Strom der Gedanken, Bilder und Gefühle, der jederzeit durch uns hindurchfließt, er hat eine solche Wucht, dieser reißende Strom, dass es ein Wunder wäre, wenn er nicht alle Worte, die jemand anderes zu uns sagt, einfach wegschwemmte.
Doch es gibt solche Wunder - zum Glück nur selten. So behalten sie ihren Wert, weil sie etwas besonderes sind.
Und ehrlich, könntest du es ertragen, wenn das Gegenteil der Fall wäre?
Ana Loba, 2008-05-28 10:32
Ich denke einfach, dass die Momente, in denen ich andere Menschen wirklich erreichen kann oder ich erreichbar bin sehr kurz sind, als wenn das Leben einem kurz zuzwinkern würde. Und schon ist der Augenblick des Einsseins wieder vorbei. Aber du hast Recht, es gibt keine lebenslange innere Verbundenheit mit anderen Menschen. Diese Vorstellung macht mir fast Angst. Sie beraubt dich der Individualität, der Spontanität und stürzt dich in Abhängigkeit. Natürlich suchen wir immer das Perfekte, die Geborgenheit, das Ziel und geraten in Versuchung, im anderen zum ich werden zu wollen. Doch das funktioniert nicht. Im Streben nach der ewig dauernden inneren Verbundenheit mit einem anderen vergessen wir oft, wer wir selber sind, ist ja auch ganz praktisch, da wir die Verantwortung für uns und unsere Lebensaufgaben einem anderen aufbürden können. Jene Augenblicke, in denen du den anderen spürst, ganz bei ihm bist, das Gefühl hast, in seine Seele schauen zu können, du die Zeit rund um dich herum vergisst, diese Momente gehören zu den kostbarsten im Leben und es bereitet uns Schmerzen wenn wir erkennen müssen, dass dieser Augenblick im Begriff ist, der Vergangenheit anzugehören und die Einsamkeit wieder Besitz von uns ergreift. Alles Schöne wollen wir konservieren auf der Suche nach dem ewigen Glück. Es wäre aber eine Illusion zu glauben, dass es in diesem Leben erreichbar wäre. Worauf ich aber schon Einfluss habe ist, die Gelegenheiten, die sich für solch schöne Kontakte ergeben, wahrzunehmen, offen zu sein für intensive Begegnungen. Ich erlebe dies immer öfter und manchmal auch, ohne die Sprache dafür nützen zu müssen. Das sind dann die schönsten Kontakte. Doch nun genug des Philosophierens. Dass du eine Mann bist, hab ich mir nicht gedacht, ich war ziemlich überrascht, da ich ja immer das Gefühl hatte, mit einer Frau zu kommunizieren, das passt einfach nicht in mein momentanes Männerbild. Dazu werd ich jedoch später etwas schreiben. Ich hab ohnehin so ein paar Gedanken im Kopf (über Männer) die ich demnächst einmal niederschreiben möchte. Doch der richtige Augenblick war noch nicht da. Du hast mir mal geschrieben, dass du einige Bücher meiner Literaturliste kennst - welche dies sind würde mich ziemlich interessieren. Ich hab übrigens ein neues Lieblingsbuch, das ich gerade lese, nämlich "Nachtzug nach Lissabon" (na net nana - ist österreichisch). Mercier streitet sich gerade mit Yalom um den ersten Rang.
Übrigens, die Augenblicke, in denen ich mein Blog öffne und sehe, dass du mir geschrieben hast, gehören auch zu den Momenten, von denen ich vorhin gesprochen habe.
sonneuschnee, 2008-06-03 20:34
„Das Leben einem zuzwinkert“… so schön. Ich denke auch, es sind kurze kostbare Momente und weil sie so zauberhaft schön sind, möchte ich sie immer wieder erleben, bin süchtig danach. Diese Sehnsucht spüre ich auch bei dir.
Es braucht Einiges, bis alles so zusammenpasst, dass so Momente entstehen können. Zuerst wohl das grenzenlose (hiess nicht dein Blog anfangs grenzenlos?) gegenseitige Vertrauen und Wohlwollen, das vollständige Offensein, aber auch die innere Ruhe und Bereitschaft beider, gewissermassen der richtige Zeitpunkt, die Macht des Augenblicks, währenddem ich mir wünsche, dass die Zeit stillsteht – für immer. Steuern kann man so etwas nicht – aber du hast recht, man kann sensibilisiert sein darauf, dass man die Gelegenheiten nicht verpasst. Ich bin sicher, ich habe schon manche verpasst, nur weil ich nicht bereit war. Naja, ist nicht schlimm, es ist ja nicht eine Sache der Menge, hat nichts mit Sammeln zu tun.
Sei froh, dass du es nicht für die Ewigkeit konservieren kannst. So musst du wach sein, musst du dich bemühen darum, das macht es wertvoll. Es ist fast wie mit der Aussicht auf einem Berg. Die ist auch schöner, wenn du aus eigenen Kräften hochgestiegen bist. (Nein falsch geraten, ich bin kein Pfarrer).
Die Angst, die du beschreibst verstehe ich. Ich denke, wenn Kinder in Geborgenheit aufwachsen und eine Art Urvertrauen entwickeln können, können sie als Erwachsene besser mit solchen Ängsten umgehen und haben vermutlich auch weniger Angst, vom geliebten Menschen verlassen zu werden. Und wenn es trotzdem passiert, überwinden sie den Schmerz leichter. Und das Leben geht weiter…
Mir kommt wieder einmal mein Lieblingsgedicht in den Sinn, weil es zum Thema passt.
Schläft ein Lied in allen Dingen,
die da träumen fort und fort.
Und die Welt hebt an zu singen,
triffst du nur das Zauberwort.
Wenn zwei Menschen einen besagten Augenblick erleben, haben sie das Zauberwort getroffen. Könnte es sein, dass Frauen Zauberwörter leichter finden?
Auf gewisse Art hat es mich gefreut, dass du angenommen hast, ich sei eine Frau. Ich finde so richtig gute Frauenfreundschaften wunderbar, ja bin manchmal richtig eifersüchtig, weil ich mir genau diese Art Nähe auch Wünsche. Dabei ist mir völlig klar, dass kein Mensch einem anderen alles zu geben vermag, was man braucht. Oder anders gesagt, Menschen sind so vielseitig und brauchen so viele verschieden Arten von Zuwendung und Beziehungen.
Und noch zum Männerbild: Lass es nicht zu, dass sich nur eines bildet, sondern lasse von jedem Mann ein eigenes entstehen. Dann kannst du die negativen vergessen und dich an die positiven halten. Ich jedenfalls möchte nicht in ein Männerbild gepresst werden. Ein Bild wird dem Individuum nicht gerecht. Ich bin gespannt, was du weiter zu diesem Thema schreiben wirst.
Zu meiner Leserei: Folgende Bücher, die du gelesen hast, habe ich auch gelesen:
Die vier Titel von Coelho, Ein perfekter Freund, Das Parfüm – also gar nicht so viele Übereinstimmungen, wie ich spontan gemeint habe.
Ich mag ausserdem:
- historische Romane von: Eveline Hasler, Arnulf Zittelmann, Thomas Jeier, Ken Follet …
- philosophische und andere Romane von: Jostein Gaarder, Hermann Hesse, Paul Watzlawick, Lukas Hartmann, …
Was ich kürzlich gelesen habe und mich beeindruckt hat:
Shirin Ebadi Mein Iran
Hosseini, Khaled Drachenläufer
Alafenisch, Salim Die acht Frauen meines Grossvaters
Doulatabadi, Mahmud Kelidar
Du siehst hier den Einfluss meiner Freundin. Sie hat mich ein bisschen in den Orient entführt.
Übrigens, ich freue mich auch, wenn ich sehe, dass du geschrieben hast. Ich finde es erstaunlich, wie schnell man blogschreibend vertraut wird miteinander. Ich fühle mich aber nicht so richtig wohl dabei, auch weil es öffentlich ist. Ausserdem, wie viel interpretiere ich und wünsche es mir in die Worte hinein? Wie weit lese ich, was ich möchte und nicht genau was du schreibst? Eigentlich das ursprüngliche Thema, oder? Ich möchte dich einiges Fragen und auch viel erzählen. Aber lieber mache ich das am Ufer eines Flusses als am Ufer der Tastatur.
Ana Loba, 2008-06-08 23:48
Am Ufer eines Flusses - das klingt nach Coelho -bist du nicht vielleicht doch ein Mensch mit geistlicher Vergangenheit? Ich muss mal überlegen, an welchem Fluss ich dir einen Platz zum Plaudern anbieten kann. Ich hab kein Problem mit der Öffentlichkeit, ganz im Gegenteil. Ich finde ja, dass viel mehr Menschen Zugang zu so elementaren Gedanken haben sollten, siehe auch mein Beitrag zum Thema "Werde der du bist" auf der ersten Seite. Doch das erfordert halt Mut. Es ist anstrengend, sich selbst immer wieder hinsichtlich wichtiger Lebensgrundsätze zu hinterfragen und all den inneren Müll, mit dem man sich befüllt um sich vom Wesentlichen abzulenken, zu entsorgen. Vielleicht hätten dann aber viele Menschen weniger Altersdepressionen, wenn sie schon früher damit begonnen hätten. Die Themen, die ich nur mit bestimmten Menschen besprechen will, findest du nicht in meinem Blog, dazu bräuchten wir einen Platz am Ufer eines Flusses.
Vielen Dank für deine Literatur, ich lese Bücher fast nur über Empfehlungen von anderen Lesern - bis jetzt ist mir auf diese Art der Stoff noch nicht ausgegangen. Orientalische Literatur passt zur Zeit sehr gut in mein Leben, da ich seit einiger Zeit mich mit Bauchtanz beschäftige und mühevoll versuche, die Bewegungen möglichst harmonisch und ästhetisch auszuführen. Orientalische Musik mag ich weniger, doch die Art des Tanzes lässt sich auch in unserer Kultur integrieren. Ist deine Freundin Orientalin oder nur am Orient interessiert oder ist das ein Thema für den Fluss? Auf alle Fälle werde ich mir deine Literaturempfehlungen notieren.
Bei mir hat Mercier das Rennen gemacht. Nachtzug nach Lissabon ist das absolut beste Buch, das ich gelesen habe. Ich vermute, dass es auch nach deinem Geschmack wäre. Auszüge davon hab ich ja in meinem Blog notiert.
Ich möchte mich bei dir für die wundervollen Kommentare bedanken. Diese Art von Gespräch brauche ich so dringend, um nicht in der Bedeutungslosigkeit des Lebens versinken zu müssen und es ist so schön, wieder jemandem begegnet zu sein, der diese meine Leidenschaft teilt.
Worin ich dir allerdings widersprechen möchte ist, dass ich für die Augenblicke in denen ich eins bin mit anderen Menschen nicht grenzenloses Vertauen und innere Ruhe brauche. Ganz im Gegenteil, die ganz kurzen Begegnungen, das Glitzern in den Augen des anderen, das Spüren seiner oder ihrer Seele sind spontanes Empfinden. Es begegnet dir überall, in der Straßenbahn, auf dem Weg zur Arbeit, beim Sport oder des nachtens in einer Bar. Ich hatte vor kurzem ein tolles Erlebnis: Ich war auf der Suche nach einem Buch über Aktzeichnen und habe dabei einen Maler kennengelernt, ganz zufällig - oder doch nicht? - sind wir ins Gespräch gekommen. Eine Stunde lang haben wir Zeit und Ort rund um uns herum vergessen. Ich hätte schon längst nach Hause müssen, die Kinder haben gewartet, es war nicht mehr von Bedeutung, bis ein Anruf uns wieder in diese Welt zurückbefördert hat. Ich konnte ihn nicht nach seiner Telefonnummer fragen, es hätte alles zerstört.
Es passiert mir so oft, dass genau diejenigen Menschen in mein Leben treten, die ich brauche. Oftmals erkenne ich im Augenblick selbst nicht den Grund für die Begegnung, doch rückblickend betrachtet weiß ich dann ganz genau, worin unsere Aufgaben füreinander bestanden haben. Doch das ist vielleicht eins meiner Themen für den Platz am Ufer eines Flusses.
Zum Thema Männerbild und Frauenfreundschaften kann ich heute leider nichts mehr schreiben, dazu brauche ich etwas mehr ungestörte Zeit. Außerdem muss ich noch darüber nachdenken, welches mein Zauberwort ist. Verrätst du mir mal deines? So long.