Mittwoch, 30. Juni 2010
Der kleine Prinz - Antoine de Saint-Exupéry
"Was bedeutet das - zähmen" fragte der kleine Prinz.
Und der Fuchs antortete: "Es bedeutet, sich vertraut machen. Du bist für mich noch nichts als ein kleiner Knabe. Ich brauche dich nicht und du brauchst mich nicht. Aber wenn du mich zähmst, werden wir einander brauchen. Du wirst für mich und ich werde für dich einzig sein auf der Welt."
Und zum Abschied schenkte der Fuchs dem kleinen Prinzen ein Geheimnis: "Man sieht nur mit dem Herzen gut, sagte er. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. Du darfst es nicht vergessen. Du bist zeitlebens für das verantwortlich was du dir vertraut gemacht hast."

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Samstag, 19. Dezember 2009
Stufen - Hermann Hesse
Wie jede Blüte welkt
und jede Jugend dem Alter weicht,
blüht jede Lebensstufe,
blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in and're, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
der uns beschützt und der uns hilft zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
an keinem wie an einer Heimat hängen,
der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten!
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
und traulich eingewohnt,
so droht Erschlaffen!
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
uns neuen Räumen jung entgegen senden:
des Lebens Ruf an uns wird niemals enden.
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

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Mittwoch, 7. Oktober 2009
Einsamkeit (Pascal Mercier)
Ist es so, dass alles, was wir tun, aus Angst vor Einsamkeit getan wird? Ist es deswegen, dass wir auf all die Dinge verzichten, die wir am Ende des Lebens bereuen werden? Ist das der Grund, weshalb wir so selten sagen, was wir denken? Weshalb sonst halten wir an all diesen zerrütteten Ehen, verlogenen Freundschaften, langweiligen Geburtstagsessen fest. Was geschähe, wenn wir all das aufkündigten, der schleichenden Erpressung ein Ende setzten und zu uns selbst stünden, wenn wir unsere geknechteten Wünsche und die Wut über ihre Versklavung hochgehen ließen wie eine Fontäne? Denn die befürchtete Einsamkeit - worin besteht sie eigentlich? In der Stille ausbleibender Vorhaltungen? In der fehlenden Notwendigkeit, mit angehaltenem Atem über das Minenfeld ehelicher Lügen und freundschaftlicher Halbwahrheiten zu schleichen? In der Freiheit, beim Essen niemandem gegenüberzuhaben? In der Fülle der Zeit, die sich auftut, wenn das Trommelfeuer der Verabredungen verstummt ist? Sind das nicht wundervolle Dinge, ein paradiesischer Zustand? Weshalb also die Furcht davor? Ist es am Ende eine Furcht, die nur besteht, weil wir ihren Gegenstand nicht durchdacht haben? Eine Furcht, die uns von gedankenlosen Eltern, Lehrern und Priestern eingeredet worden ist? Und warum sind wir eigentlich so sicher, dass uns die anderen nicht beneideten, wenn sie sähen, wie groß unsere Freiheit geworden ist und dass sie daraufhin unsere Gesellschaft suchten?
Auszug aus dem Buch "Nachtzug nach Lissabon" von Pascal Mercier

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Ein echter Abschied muesste eine Begegnung sein (Pascal Mercier)
Was unterscheidet einen ehrlichen von einem feigen Abschied? Ein ehrlicher Abschied - das wäre der Versuch, mit dir zu einem Einverständnis darüber zu gelangen, wie es mit uns, mit dir und mir gewesen ist. Denn das ist der Sinn eines Abschieds im vollen, gewichtigen Sinne des Worts: dass sich die beiden Menschen, bevor sie auseinandergehen, darüber verständigen, wie sie sich gesehen und erlebt haben, was zwischen ihnen geglückt und was misslungen ist. Dazu gehört Furchtlosigkeit: Man muss den Schmerz über Dissonanzen aushalten können. Es geht darum, auch das, was unmöglich war, anzuerkennen. Sich zu verabschieden, das ist auch etwas, das man mit sich selbst macht: zu sich selbst stehen unter dem Blick des Anderen. Die Feigheit des Abschieds dagegen liegt in der Verklärung: in der Versuchung, das Gewesene in goldenes Licht zu tauchen und das Dunkle wegzulügen. Was man dabei verspielt, ist nichts weniger als die Anerkennung seiner selbst in denjenigen Zügen, die das Dunkel hervorgebracht haben.
Auszug aus dem Buch "Nachtzug nach Lissabon" von Pascal Mercier

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An alle meine betroffenen Freundinnen und Leidensgenossinnen
Normalerweise ruft ein Mann eine Frau, mit der er zum ersten Mal Sex gehabt hat, drei Tage später an. Im Regelfall am Abend. Ruft er sie vorher an, ist er eine Memme oder uneingestandener Homosexueller, der nach einem Mutterersatz sucht.
Spätestens ruft er sie an dem auf den Geschlechtsverkehr folgenden Wochenende an. In dem Fall, dass der intime Kontakt an einem Freitag, Samstag oder Sonntag stattgefunden hat, kann er sich auch bis zum nächsten Freitag oder Samstag Zeit lassen.
Wenn zwischen dem Sex und dem nichterfolgten Anruf
a) ein Wochenende oder
b) drei Wochentage liegen,
dann kannst du
a) die Sache vergessen und dir einen Neuen suchen oder
b) ihn anrufen.
Wenn du ihn anrufst, hast du zwei mögliche Zielsetzungen:
1) Ihn doch noch für dich zu gewinnen. Die Erfolgsquote liegt bei 0,5%. Er wird dir von seinem vollen Terminkalender vorquatschen und sagen, dass er in den nächsten dreieinhalb Jahren leider sehr wenig Zeit hat. Lass es also, es lohnt den Aufwand nicht, und du fühlst dich nachher total beschissen. Du fühlst dich zwar sowieso beschissen, aber hier geht es um Nuancen.
2) Du rufst ihn an um ihm zu sagen, was für ein blödes Arschloch er ist und um deinen Ärger loszuwerden. Die Erfolgsquote liegt bei 98%. Du machst deinem Frust Luft und entlastest deinen Freundeskreis, der sich die nächsten acht Wochen keine "Hätte ich ihm doch bloß gesagt, dass...."-Geschichten anhören muss. Der Typ fühlt sich ein bisschen schlecht, mindestens drei, höchstens vier Minuten lang.
(Auszug aus dem Buch "Mondscheintarif" von Ildikó von Kürthy) schmunzel-schmunzel-wusst ichs doch

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Wenn die Zeit knapp wird (Pascal Mercier)
"Wenn die Zeit eines Lebens knapp wird, gelten keine Regeln mehr. Und dann sieht es aus, als sei man übergeschnappt und reif für die Klapsmühle. Doch im Grunde ist es umgekehrt: Dort gehören diejenigen hin, die nicht wahrhaben wollen, dass die Zeit knapp wird. Diejenigen, die weitermachen, als sei nichts. Verstehen Sie?"
"Vor zwei Jahren hatte ich einen Herzinfarkt", sagte Filipe. "Ich fand es sonderbar, danach wieder zur Arbeit zu gehen. Jetzt fällt es mir wieder ein, ich hatte es ganz vergessen."
"Ja", sagte Gregorius.
Auszug aus dem Buch von Pascal Mercier "Nachtzug nach Lissabon"

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Die Macht der Worte (Pascal Mercier)
Und plötzlich, mit einem Erschrecken, das ich sogar im Leib spürte, wurde mir klar: So ist es immer. Einem anderen etwas sagen: Wie kann man erwarten, dass es etwas bewirkt? Der Strom der Gedanken, Bilder und Gefühle, der jederzeit durch uns hindurchfließt, er hat eine solche Wucht, dieser reißende Strom, dass es ein Wunder wäre, wenn er nicht alle Worte, die jemand anderes zu uns sagt, einfach wegschwemmte und dem Vergessen übereignete, wenn sie nicht zufällig, ganz und gar zufällig, zu den eigenen Worten passen. Geht es mir anders? dachte ich. Habe ich je einem anderen wirklich zugehört, ihn mit seinen Worten in mich hineingelassen, so dass mein innerer Strom umgeleitet worden wäre?
(Auszug aus dem Buch "Nachtzug nach Lissabon" von Pascal Mercier)

sonneuschnee, 2008-05-26 20:12
Und plötzlich, mit einem Erschrecken, das ich sogar im Leib spürte, wurde mir klar: So ist es immer. Es ist fast unmöglich Menschen wirklich zu erreichen.
Der Strom der Gedanken, Bilder und Gefühle, der jederzeit durch uns hindurchfließt, er hat eine solche Wucht, dieser reißende Strom, dass es ein Wunder wäre, wenn er nicht alle Worte, die jemand anderes zu uns sagt, einfach wegschwemmte.
Doch es gibt solche Wunder - zum Glück nur selten. So behalten sie ihren Wert, weil sie etwas besonderes sind.
Und ehrlich, könntest du es ertragen, wenn das Gegenteil der Fall wäre?

Ana Loba, 2008-05-28 10:32
Ich denke einfach, dass die Momente, in denen ich andere Menschen wirklich erreichen kann oder ich erreichbar bin sehr kurz sind, als wenn das Leben einem kurz zuzwinkern würde. Und schon ist der Augenblick des Einsseins wieder vorbei. Aber du hast Recht, es gibt keine lebenslange innere Verbundenheit mit anderen Menschen. Diese Vorstellung macht mir fast Angst. Sie beraubt dich der Individualität, der Spontanität und stürzt dich in Abhängigkeit. Natürlich suchen wir immer das Perfekte, die Geborgenheit, das Ziel und geraten in Versuchung, im anderen zum ich werden zu wollen. Doch das funktioniert nicht. Im Streben nach der ewig dauernden inneren Verbundenheit mit einem anderen vergessen wir oft, wer wir selber sind, ist ja auch ganz praktisch, da wir die Verantwortung für uns und unsere Lebensaufgaben einem anderen aufbürden können. Jene Augenblicke, in denen du den anderen spürst, ganz bei ihm bist, das Gefühl hast, in seine Seele schauen zu können, du die Zeit rund um dich herum vergisst, diese Momente gehören zu den kostbarsten im Leben und es bereitet uns Schmerzen wenn wir erkennen müssen, dass dieser Augenblick im Begriff ist, der Vergangenheit anzugehören und die Einsamkeit wieder Besitz von uns ergreift. Alles Schöne wollen wir konservieren auf der Suche nach dem ewigen Glück. Es wäre aber eine Illusion zu glauben, dass es in diesem Leben erreichbar wäre. Worauf ich aber schon Einfluss habe ist, die Gelegenheiten, die sich für solch schöne Kontakte ergeben, wahrzunehmen, offen zu sein für intensive Begegnungen. Ich erlebe dies immer öfter und manchmal auch, ohne die Sprache dafür nützen zu müssen. Das sind dann die schönsten Kontakte. Doch nun genug des Philosophierens. Dass du eine Mann bist, hab ich mir nicht gedacht, ich war ziemlich überrascht, da ich ja immer das Gefühl hatte, mit einer Frau zu kommunizieren, das passt einfach nicht in mein momentanes Männerbild. Dazu werd ich jedoch später etwas schreiben. Ich hab ohnehin so ein paar Gedanken im Kopf (über Männer) die ich demnächst einmal niederschreiben möchte. Doch der richtige Augenblick war noch nicht da. Du hast mir mal geschrieben, dass du einige Bücher meiner Literaturliste kennst - welche dies sind würde mich ziemlich interessieren. Ich hab übrigens ein neues Lieblingsbuch, das ich gerade lese, nämlich "Nachtzug nach Lissabon" (na net nana - ist österreichisch). Mercier streitet sich gerade mit Yalom um den ersten Rang.
Übrigens, die Augenblicke, in denen ich mein Blog öffne und sehe, dass du mir geschrieben hast, gehören auch zu den Momenten, von denen ich vorhin gesprochen habe.

sonneuschnee, 2008-06-03 20:34
„Das Leben einem zuzwinkert“… so schön. Ich denke auch, es sind kurze kostbare Momente und weil sie so zauberhaft schön sind, möchte ich sie immer wieder erleben, bin süchtig danach. Diese Sehnsucht spüre ich auch bei dir.
Es braucht Einiges, bis alles so zusammenpasst, dass so Momente entstehen können. Zuerst wohl das grenzenlose (hiess nicht dein Blog anfangs grenzenlos?) gegenseitige Vertrauen und Wohlwollen, das vollständige Offensein, aber auch die innere Ruhe und Bereitschaft beider, gewissermassen der richtige Zeitpunkt, die Macht des Augenblicks, währenddem ich mir wünsche, dass die Zeit stillsteht – für immer. Steuern kann man so etwas nicht – aber du hast recht, man kann sensibilisiert sein darauf, dass man die Gelegenheiten nicht verpasst. Ich bin sicher, ich habe schon manche verpasst, nur weil ich nicht bereit war. Naja, ist nicht schlimm, es ist ja nicht eine Sache der Menge, hat nichts mit Sammeln zu tun.
Sei froh, dass du es nicht für die Ewigkeit konservieren kannst. So musst du wach sein, musst du dich bemühen darum, das macht es wertvoll. Es ist fast wie mit der Aussicht auf einem Berg. Die ist auch schöner, wenn du aus eigenen Kräften hochgestiegen bist. (Nein falsch geraten, ich bin kein Pfarrer).
Die Angst, die du beschreibst verstehe ich. Ich denke, wenn Kinder in Geborgenheit aufwachsen und eine Art Urvertrauen entwickeln können, können sie als Erwachsene besser mit solchen Ängsten umgehen und haben vermutlich auch weniger Angst, vom geliebten Menschen verlassen zu werden. Und wenn es trotzdem passiert, überwinden sie den Schmerz leichter. Und das Leben geht weiter…
Mir kommt wieder einmal mein Lieblingsgedicht in den Sinn, weil es zum Thema passt.
Schläft ein Lied in allen Dingen,
die da träumen fort und fort.
Und die Welt hebt an zu singen,
triffst du nur das Zauberwort.
Wenn zwei Menschen einen besagten Augenblick erleben, haben sie das Zauberwort getroffen. Könnte es sein, dass Frauen Zauberwörter leichter finden?
Auf gewisse Art hat es mich gefreut, dass du angenommen hast, ich sei eine Frau. Ich finde so richtig gute Frauenfreundschaften wunderbar, ja bin manchmal richtig eifersüchtig, weil ich mir genau diese Art Nähe auch Wünsche. Dabei ist mir völlig klar, dass kein Mensch einem anderen alles zu geben vermag, was man braucht. Oder anders gesagt, Menschen sind so vielseitig und brauchen so viele verschieden Arten von Zuwendung und Beziehungen.
Und noch zum Männerbild: Lass es nicht zu, dass sich nur eines bildet, sondern lasse von jedem Mann ein eigenes entstehen. Dann kannst du die negativen vergessen und dich an die positiven halten. Ich jedenfalls möchte nicht in ein Männerbild gepresst werden. Ein Bild wird dem Individuum nicht gerecht. Ich bin gespannt, was du weiter zu diesem Thema schreiben wirst.
Zu meiner Leserei: Folgende Bücher, die du gelesen hast, habe ich auch gelesen:
Die vier Titel von Coelho, Ein perfekter Freund, Das Parfüm – also gar nicht so viele Übereinstimmungen, wie ich spontan gemeint habe.
Ich mag ausserdem:
- historische Romane von: Eveline Hasler, Arnulf Zittelmann, Thomas Jeier, Ken Follet …
- philosophische und andere Romane von: Jostein Gaarder, Hermann Hesse, Paul Watzlawick, Lukas Hartmann, …
Was ich kürzlich gelesen habe und mich beeindruckt hat:
Shirin Ebadi Mein Iran
Hosseini, Khaled Drachenläufer
Alafenisch, Salim Die acht Frauen meines Grossvaters
Doulatabadi, Mahmud Kelidar
Du siehst hier den Einfluss meiner Freundin. Sie hat mich ein bisschen in den Orient entführt.
Übrigens, ich freue mich auch, wenn ich sehe, dass du geschrieben hast. Ich finde es erstaunlich, wie schnell man blogschreibend vertraut wird miteinander. Ich fühle mich aber nicht so richtig wohl dabei, auch weil es öffentlich ist. Ausserdem, wie viel interpretiere ich und wünsche es mir in die Worte hinein? Wie weit lese ich, was ich möchte und nicht genau was du schreibst? Eigentlich das ursprüngliche Thema, oder? Ich möchte dich einiges Fragen und auch viel erzählen. Aber lieber mache ich das am Ufer eines Flusses als am Ufer der Tastatur.

Ana Loba, 2008-06-08 23:48
Am Ufer eines Flusses - das klingt nach Coelho -bist du nicht vielleicht doch ein Mensch mit geistlicher Vergangenheit? Ich muss mal überlegen, an welchem Fluss ich dir einen Platz zum Plaudern anbieten kann. Ich hab kein Problem mit der Öffentlichkeit, ganz im Gegenteil. Ich finde ja, dass viel mehr Menschen Zugang zu so elementaren Gedanken haben sollten, siehe auch mein Beitrag zum Thema "Werde der du bist" auf der ersten Seite. Doch das erfordert halt Mut. Es ist anstrengend, sich selbst immer wieder hinsichtlich wichtiger Lebensgrundsätze zu hinterfragen und all den inneren Müll, mit dem man sich befüllt um sich vom Wesentlichen abzulenken, zu entsorgen. Vielleicht hätten dann aber viele Menschen weniger Altersdepressionen, wenn sie schon früher damit begonnen hätten. Die Themen, die ich nur mit bestimmten Menschen besprechen will, findest du nicht in meinem Blog, dazu bräuchten wir einen Platz am Ufer eines Flusses.
Vielen Dank für deine Literatur, ich lese Bücher fast nur über Empfehlungen von anderen Lesern - bis jetzt ist mir auf diese Art der Stoff noch nicht ausgegangen. Orientalische Literatur passt zur Zeit sehr gut in mein Leben, da ich seit einiger Zeit mich mit Bauchtanz beschäftige und mühevoll versuche, die Bewegungen möglichst harmonisch und ästhetisch auszuführen. Orientalische Musik mag ich weniger, doch die Art des Tanzes lässt sich auch in unserer Kultur integrieren. Ist deine Freundin Orientalin oder nur am Orient interessiert oder ist das ein Thema für den Fluss? Auf alle Fälle werde ich mir deine Literaturempfehlungen notieren.
Bei mir hat Mercier das Rennen gemacht. Nachtzug nach Lissabon ist das absolut beste Buch, das ich gelesen habe. Ich vermute, dass es auch nach deinem Geschmack wäre. Auszüge davon hab ich ja in meinem Blog notiert.
Ich möchte mich bei dir für die wundervollen Kommentare bedanken. Diese Art von Gespräch brauche ich so dringend, um nicht in der Bedeutungslosigkeit des Lebens versinken zu müssen und es ist so schön, wieder jemandem begegnet zu sein, der diese meine Leidenschaft teilt.
Worin ich dir allerdings widersprechen möchte ist, dass ich für die Augenblicke in denen ich eins bin mit anderen Menschen nicht grenzenloses Vertauen und innere Ruhe brauche. Ganz im Gegenteil, die ganz kurzen Begegnungen, das Glitzern in den Augen des anderen, das Spüren seiner oder ihrer Seele sind spontanes Empfinden. Es begegnet dir überall, in der Straßenbahn, auf dem Weg zur Arbeit, beim Sport oder des nachtens in einer Bar. Ich hatte vor kurzem ein tolles Erlebnis: Ich war auf der Suche nach einem Buch über Aktzeichnen und habe dabei einen Maler kennengelernt, ganz zufällig - oder doch nicht? - sind wir ins Gespräch gekommen. Eine Stunde lang haben wir Zeit und Ort rund um uns herum vergessen. Ich hätte schon längst nach Hause müssen, die Kinder haben gewartet, es war nicht mehr von Bedeutung, bis ein Anruf uns wieder in diese Welt zurückbefördert hat. Ich konnte ihn nicht nach seiner Telefonnummer fragen, es hätte alles zerstört.
Es passiert mir so oft, dass genau diejenigen Menschen in mein Leben treten, die ich brauche. Oftmals erkenne ich im Augenblick selbst nicht den Grund für die Begegnung, doch rückblickend betrachtet weiß ich dann ganz genau, worin unsere Aufgaben füreinander bestanden haben. Doch das ist vielleicht eins meiner Themen für den Platz am Ufer eines Flusses.
Zum Thema Männerbild und Frauenfreundschaften kann ich heute leider nichts mehr schreiben, dazu brauche ich etwas mehr ungestörte Zeit. Außerdem muss ich noch darüber nachdenken, welches mein Zauberwort ist. Verrätst du mir mal deines? So long.

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Fluechtige Gesichter in der Nacht (Pascal Mercier)
Begegnungen zwischen Menschen sind, so will es mir oft scheinen, wie das Kreuzen von besinnungslos dahinrasenden Zügen in tiefster Nacht. Wir werfen flüchtige, gehetzte Blicke auf die Anderen, die hinter trübem Glas in schummrigem Licht sitzen und aus unserem Blickfeld wieder verschwinden, kaum dass wir Zeit hatten, sie wahrzunehmen. Waren es wirklich ein Mann und eine Frau, die da vorbeiflitzten wie Phantasmata in einem erleuchteten Fensterrahmen, der aus dem Nichts auftauchte und ohne Sinn und Zweck hineingeschnitten schien in das menschenleere Dunkel? Kannten sich die beiden? Haben sie geredet? Gelacht? Geweint? Man wird sagen: So mag es sein, wenn fremde Spaziergänger in Regen und Wind aneinander vorbeigehen; da mag der Vergleich etwas für sich haben. Aber vielen Leuten sitzen wir doch länger gegenüber, wir essen und arbeiten zusammen, liegen nebeneinander, wohnen unter einem Dach. Wo ist da die Flüchtigkeit? Doch alles, was uns Beständigkeit, Vertrautheit und intimes Wissen vorgaukelt: Ist es nicht eine zur Beruhigung erfundene Täuschung, mit der wir die flackernde, verstörende Flüchtigkeit zu überdecken und zu bannen suchen, weil es unmöglich wäre, ihr in jedem Augenblick standzuhalten? Ist nicht jeder Anblick eines Anderen und jeder Blickwechsel doch wie die gespenstisch kurze Begegnung von Blicken zwischen Reisenden, die aneinander vorbeigleiten, betäubt von der unmenschlichen Geschwindigkeit und der Faust des Luftdrucks, die alles zum Erzittern und Klirren bringt? Gleiten unsere Blicke nicht immerfort an den Anderen ab, wie in der rasenden Begegnung des Nachts, und lassen uns zurück mit lauter Mutmaßungen, Gedankensplittern und angedichteten Eigenschaften? Ist es nicht in Wahrheit so, dass nicht die Menschen sich begegnen, sondern die Schatten, die ihre Vorstellungen werfen?
(Auszug aus dem Buch von Pascal Mercier "Nachtzug nach Lissabon")

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Danke (Paulo Coelho)
Ich danke allen, die mich in ihr Schema pressen wollten,
sie haben mich den Wert der Freiheit gelehrt.

Ich danke allen, die mich belogen haben,
sie haben mir die Kraft der Wahrheit gezeigt.

Ich danke allen, die nicht an mich geglaubt haben,
sie haben mir zugemutet, Berge zu versetzen.

Ich danke allen, die mich abgeschrieben haben,
sie haben meinen Mut geweckt.

Ich danke allen, die mich verlassen haben,
sie haben mir Raum für Neues gegeben.

Ich danke allen, die mich verraten und missbraucht haben,
sie haben mich wachsam werden lassen.

Ich danke allen, die mich verletzt haben,
sie haben mich gelehrt, im Schmerz zu wachsen.

Ich danke allen, die meinen Frieden gestört haben,
sie haben mich stark gemacht dafür einzutreten.

Vor allem danke ich all jenen, die mich lieben, so wie ich bin,
sie geben mir die Kraft zum Leben.

Danke!

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